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Konstanz am Bodensee
Frühjahr 1997
 
Unser Vereinsmitglied Hans-Dieter Schmidt hatte zu diesem Treffen eingeladen und in wochenlanger Arbeit seine wohlgeordnete Ausstellung organisiert, aufgebaut und mit Teilen seiner Privatsammlung ergänzt. Ohne die tatkräftige und intensive Unterstützung durch seine Guten Geister", seine Frau und Herrn Kulcsar, wäre eine solche Veranstaltung kaum möglich gewesen. Die Ausstellung befindet sich in den Räumen der Niederlassung Konstanz der Deutschen Telekom AG.
Herr Schmidt übernahm am Samstag, dem 12.04.1997, die Führung durch die Ausstellung selbst. Gekonnt und mit Humor präsentierte er seine große Leidenschaft einem fachkundigem Publikum. Ganz speziell führte er die Linientechnik vor und weihte uns im Muffenraum  die Geheimnisse der Telefonleitungen aus der Vergangenheit ein: die Kabelüberführung auf Blankdraht-Freileitung mit anschließender Linie aus verschiedenen Stützpunkten und Gestängen, den Masten und Querträgern mit den Isolatoren. Früher überall zu sehen, jedoch angst aus dem heutigen Landschaftsbild verschwunden. Er zeigte Spleißwerkzeuge, Kupferröhrchen und Kluppen sowie das Drall-Werkzeug. Er erklärte die Abspannung mit Flaschenzug und erläuterte die Durchhang-Lehren zur fachgerechten Spannung der verschiedenstarken Bronzedrähte. Da die Freileitungen ständig schwankenden Temperaturen ausgesetzt waren, änderte sich auch die Spannung in den Drähten. Um nun ein Reißen oder einen zu großen Durchhang der Leitungen zu verhindern, benutzte man die sogenannte Durchhang-Lehre um die optimale Spannlänge der Drähte zu ermitteln.

Er ließ uns altes Blei-Luftkabel, eine vielfältige Auswahl an Schaustücken von Orts- und Fernkabeln, Spleißmuffen, die Verbindungstechnik und nicht zuletzt einen Fernmeldehandwerker mit Steigeisen bei der Arbeit auf dem Mast bewundern. Ein zweirädriger großer Handkarren diente damals als Bautrupp-Fahrzeug; dieses ist voll beladen mit schwerem Handwerkszeug: Eisenstößel, Holzstampfer, nierenförmige Eisenstampfer, Stützgabeln und Brechwerkzeuge. Unter anderem befinden sich dort lange Holzbohrer für die Bolzenlöcher, Krümmerschaufeln für die Mastlöcher im Boden, Schöpfer zur Beseitigung des Grundwassers und Dechseleisen zum Anpassen der Masten. Herr Schmidt führte sogar einige der uralten Gerätschaften vor, wie zu Beispiel den Handbagger, den er krachend zu Boden sausen ließ um zu demonstrieren, wie früher mit viel Muskelkraft das Erdreich bearbeitet und Freiraum geschaffen wurde für das Setzen der Telefonmasten und die Verlegung von Erdkabeln.

In einer Vitrine sind zahlreiche kleinere Werkzeuge ausgestellt; so zum Beispiel eine Benzin-Lötlampe oder der Thermit-Lötkolben mit Thermit-Patrone. Die Patrone besteht aus Magnesium-Kaliumpermanganat. Der Fachmann nennt dies MOX. Zu bestaunen gibt es alte Spiritusbrenner für Kleinlötkolben sowie Petroleumlämpchen. Daneben die Holzbohrer zum Vorbohren der Löcher in den Masten, die zum Anbringen der Hakenstützen dienten, und die mit Bronzebacken versehenen Drahtziehwerkzeuge, „Frösche" genannt. Weitere Spezialwerkzeuge wie eine Meßbrücke zur Fehlereingrenzung bei Kabelbruch, Meßgeräte zu Prüfzwekcken, Zangen, Kluppen, Röhrchen und Bindedraht waren zu bewundern. Diverse Isolatoren und Abschlußkästchen beim Endteilnehmer fehlen ebensowenig wie eine Blankdrahtleitung mit Überspannungsableitern und Stromsicherungen sowie ein „Zuwachs"-Bohrer zur Endnahme von Holzproben zwecks Überprüfung der Stabilität der Telefonmasten und natürlich Edelholz-Verschlußkegel zum Einschlagen in die Probelöcher, um diese wieder zu verschließen.

Dann sah man noch ein besonderes Sammlungsstück: der letzte Freileitungs-Dachständer aus Konstanz, der vor Jahren noch in Betrieb war, sich jetzt aber in Ruhestand befindet. Und als Schaustück ein Glasfaser-Tiefseekabel, welches in 250 m-Tiefe durch den Bodensee verläuft, nebst zahlreichen Kabelabschlüssen und Verzweigern und die Überwachung mit Druckluft gegen Wassereindringen bei den Hauptkabeln.

Herr Schmidt führte uns dann in einen Wählersaal, in dem zum Teil Wähleinrichtungen - wenn auch nur für kurze Zeit - noch in Betrieb sind, der aber gleichzeitig als Museum dient. Hier verbinden sich alte und neue Technik. Gleich in vorderen Teil des Raumes stehen und hängen eine ganze Reihe alter und neuer Telefongeräte. Wand- und Tischapparate aus längst vergangenen Tagen und aus der modernen Zeit. In der Mitte des Raumes ist der Arbeitsplatz eines Telegraphisten von 1876 dargestellt. Daneben ein moderner PC, in den ein Text in Klarschrift eingegeben, in Morsealphabet übersetzt und dann übertragen wird, um als Lochstreifen sichtbar zu werden. Beeindruckend auch hier wieder alte und neue Technik einträchtig nebeneinander. Und zugleich ein schöner Rückblick in die „gute alte Zeit". Mit entsprechenden Erklärungen zu den einzelnen Exponaten endete hier die Ausstellung, und alles strömte nach draußen.

Gab es doch noch einen weiteren Höhepunkt an diesem zwar sonnigen, aber doch noch recht kühlen Frühlingstag : Unsere allseits bekannte und beliebte Tausch- und Kaufbörse für Sammler und Telefonliebhaber. Viele Mitglieder der Sammler- und Interessengemeinschaft für das historische Fernmeldewesen packten ihre mitgebrachten Schätze auf die bereitstehenden Tische - und schon blühte das Tausch- und Kaufgeschäft. Sogar für Getränke und einen kleinen Imbiß war gesorgt. Am späten Nachmittag endete auch dieser Programmpunkt, und die Veranstaltung setzte sich auf historischem Boden fort; im „Hotel Barbarossa".

In diesem Hause schloß Kaiser Friedrich I, genannt Barbarossa, im Jahre 1183 den Frieden mit den Lombardischen Städten. 1419 diente es als Wirtschaft mit Tanzboden und gelangte dann 1458 in den Besitz eines Patriziergeschlechtes. 1573 zog der bekannte Chronist Christoph Schulthaiß in das Haus, und genau hier, umgeben von meterdicken Stützbalken, bleiverglasten Fenstern und Mobiliar aus alter Zeit, begann der gemütliche Teil des Tages. Die Zahl der Anwesenden erhöhte sich auf über 50, weil die mitgereisten Personen inzwischen von Stadtbummel und Tagesausflug zurückgekehrt waren. Wie immer bildete das gemütliche Beisammensein mit gemeinsamem Abendessen den richtigen Ausklang des Tages. Unser Vereinsvorsitzender Günther Mergelsberg legte nach einer kurzen Ansprache und einem Dank an Hans-Dieter Schmidt für seine hervorragende Organisation dieses Wochenendes den „Grundstein" für unser nächstes Treffen im Herbst 1997.

Der Sonntag bot eine bunte Palette von Vorschlägen zur freien Auswahl. So waren weitere Führungen durch die Ausstellung von Herrn Schmidt im Angebot mit der Möglichkeit für ungestörte Foto- und Videoaufnahmen oder einen Abstecher in die Schweiz mit einem Besuch im Telefonmuseum TELEPHONICA im Greuterhof in Islikon. Dies ist ein Privatmuseum, das seit 2 Jahren die Exponate des vor Jahren verstorbenen schweizer Telefonsammlers Straub in mustergültiger Weise und großzügig ausgelegt präsentiert. Für einige Telefonsammler bot sich sogar die Gelegenheit, in der Nähe wohnende Sammler zu besuchen.
Wie immer war auch dieses Treffen wieder bis ins Detail gut organisiert. Ein Dankeschön an alle, die an den Vorbereitungen beteiligt waren.

Beatrix Dominik