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Kassel Herbst 1999
 
Ein lustiger Haufen von Sammlern hatte sich am Freitagabend im Hotel bei Fritzlar eingefunden, um ein abwechslungsreiches Wochenende gemeinsam zu erleben. In den Gesprächen ging es erst einmal um den Einschluß von neuen Gesichtern in unseren Kreis; seien es nun "alte" Mitglieder, die bisher nicht an Treffen teilgenommen hatten, oder um ganz neue Mitglieder, die sich langsam in den Kreis vortasteten. Aber wie gewohnt war hier das Eis sehr schnell gebrochen. Der Gesprächsstoff über das Telefon allgemein ist unerschöpflich, wenn Fachleute und Gurus zusammensitzen, so dass wir kaum spürten, als es Mitternacht wurde.

Entsprechend müde ging es dann zu Bett, wollten wir doch am nächsten Morgen ausgeruht am Frühstückstisch sitzen und um 9.30 Uhr gemeinsam an der Besichtigung des Bergwerkmuseums Borken teilnehmen. Irgend etwas ist dann schief gelaufen (so schreibt man das heute), denn als wir zwei auf Zimmer 17 wach wurden, stand die Besichtigungsmannschaft schon abfahrtsbereit auf dem Parkplatz. So mussten wir, ohne einen Bissen im Mund gehabt zu haben, "auf den fahrenden Zug aufspringen".

Aber dann bekamen wir ein „Schaubergwerk", etwa 5 Meter unter dem Marktplatz von Borken, zu sehen, das uns den Eindruck vermittelte, direkt vor Tage beim Abbau von Braunkohle dabei zu sein. Beeindruckend war die Realität, die von den echten Maschinen und Ausstellungstücken ausging, als man diese vor unseren Augen in Betrieb nahm. Diese Atmosphäre im Halbdunkel, der hohe Geräuschpegel; selbst die Schwüle überkam uns - nur Staub und Dreck blieben uns erspart. Man spürt regelrecht, dass es sich beim Bergmannsberuf um Schwerstarbeit gehandelt hat.

Mit wieviel Mühe ehemalige Bergleute ihre Grube nach dem Untergang - nämlich einem folgenschweren Bergweksunglück Ende der 70er Jahre - hier originalgetreu aufgebaut haben, wurde uns bei der Führung von einem Betroffenen geschildert; sehr lebensnah, einfach beeindruckend. Die Lebensumstände der Menschen in dieser Region, die Jahrzehnte nichts anderes kannten als die Maloche unter Tage, die Armut bei den geringen Löhnen, die Angst um das Überleben bei schlagenden Wettern. Auch der Zusammenhalt war anders eben bis zum bitteren Ende, als die Erwerbsmöglichkeit in Arbeitslosigkeit umschlug; seit die Gebäude und Untertageeinrichtungen nutzlos herumstanden. Einige haben dann das Schaubergwerk mit finanzieller Unterstützung der Stadt Borken und dem Land Hessen aufgebaut. Teilweise wurden Maschinen und Geräte aus der alten Zeche untertage abgebaut und wieder in Betrieb genommen.

Wir waren sehr beeindruckt. Selbst die unterschiedlichen Grubenfernsprecher von Siemens bzw. Mix & Genest und Fernsig waren funktionsfähig, ob im OB- oder im W/ZB-Betrieb. Ergänzt wurde alles durch eine Ausstellung - natürlich nun übertage im Museum. Die Geschichte des Braunkohlebergbaus in diesem Revier war sehr plastisch dargestellt. Anfänglich hat man noch oberirdisch abgeräumt, später war man gezwungen, ca. 80 bis 100 m unter der Erde den Kohleflözen zu folgen.

Diese Art der Präsentation und Führung hat uns gefallen, und der Vergleich mit anderen Museen sei erlaubt, bei denen irgendwelche Museumspädagogen relativ weltfremd an Schautafeln und Modellen einen guten Eindruck vermitteln wollen; der Schulklassen nur ein müdes Lächeln abringt und bei Besuchern, die sich in einer Materie auskennen, nur die Höflichkeit es verbietet, sich ganz schnell abzuwenden. Deshalb wünschen wir als Fernmeldehandwerker, dass unseren Kindern die Geschichte des Fernmeldewesens mit seinem speziellen Berufsbild und den sich laufend verändernden Produkten einmal etwas lebensnaher vermittelt wird, als das zur Zeit landauf- landab geschieht.

An der zweiten Unternehmung dieses Samstags, der historischen Straßenbahnfahrt durch Kassel, konnten wir leider nicht teilnehmen. Wir haben uns zwar nicht verschlafen, sondern diesmal haben wir uns beim Mittagessen bei meiner Tante zu lange aufgehalten. Und als wir dann kamen, waren die andern schon längst unterwegs.

So blieb uns noch der Samstagabend für die Mitgliederversammlung und den gemütlichen Teil sowie die Sammlerbörse am Sonntagmorgen, die viele Anbieter und reichlich Interessenten anlockte. Hier hat wohl jeder etwas gefunden, sofern er nicht behauptet, schon alles zu haben - was ihm dann keiner glaubt.

Klaus Köhler